Wie ein Freibad in Bürgerhand zur Erfolgsgeschichte wurde
Ein Freibad zu haben ist keine Pflicht. Deshalb steht das Bädle immer zuerst auf der Streichliste, wenn die Kommune sparen muss. In Sachsenheim stand es vor 20 Jahren so schlecht um den Haushalt der Stadt, dass man einer kreativen Lösung zugestimmt hat. Seitdem betreiben die Bürger ihr Bad selbst. Und haben ein Erfolgsmodell daraus gemacht.
Thomas Pulli, Fraktionschef des BMU im Besigheimer Gemeinderat, kommt sichtlich ins Schwitzen, wenn er an die harten Debatten im vergangenen Herbst zurückdenkt. Sinkende Steuereinnahmen, weniger Einwohner und große Ausgaben brachten den Haushalt unserer Stadt ordentlich ins Schlingern. Plötzlich musste der Gemeinderat sich fragen: Können wir uns unser Freibad noch leisten? Vorerst wurde das drohende Aus abgewendet. Im Gegenzug mussten viele Steuern und Gebühren stark erhöht werden.
Wie die Lage sich in den kommenden Jahren entwickelt, ist noch unklar. Deshalb möchte das BMU bereits heute von den Erfahrungen lernen, die andere Kommunen beim erfolgreichen Erhalt ihrer Bäder gemacht haben. Axel Griesbaum ist seit Anfang an beim Trägerverein des Sachsenheimer Schlossfreibads dabei. Im Jahr 2003 war das Aus des Bads bereits besiegelt. Die Kommune faktisch pleite und in Übergangsverwaltung durch das Landratsamt. Das Bad sollte schließen. Doch die Sachsenheimer pflegen zu ihrem Bad, welches mitten im Ort zwischen Bahnhof und Rathaus gelegen ist, eine besondere Beziehung. Den Aushub für eines der ersten Freibäder der Region tätigten 1953 noch amerikanische Truppen, bevor die Bürger damals bereits fast die Hälfte der Bauarbeiten in Eigenleistung vorantrieben. Kein Wunder also, dass sich der Schließung zunächst große Demonstrationen gegenüberstellten.
Erfolgsmodell Trägerverein
Aus dem Protest der Bürger sollte schnell der Wunsch wachsen, selbst Verantwortung zu übernehmen. Bürgermeister, Landrat und engagierte Bürger schmiedeten den Plan, den Betrieb des städtischen Freibads einem Trägerverein zu überlassen. Das Bad bleibt im Besitz der Stadt, die auch jährlich einen Unkostenbeitrag von 150.000 Euro leistet. Sanierung und Betrieb übernimmt der Verein. Pünktlich zur Saison 2004 saßen die Bürger selbst am Eingangstor des Bades und kassierten die Eintritte. Gleich im ersten Jahr wurden die ersten 1.000 Mitgliedsanträge unterschrieben. Und die ersten Sanierungsarbeiten am damals maroden Bädle von den Mitgliedern durchgeführt.
Heute ist das Sachsenheimer Schlossfreibad in vorbildlichem Zustand. Im Laufe der Zeit wurden Sanitäreinrichtungen und der Spielplatz saniert. Ein neues Kinderbecken kam dazu. Eine moderne Beckenabdeckung, die für enorme Energieeinsparungen sorgt. Und eine PV-Anlage auf dem Dach, die das Bad mit Strom versorgt. Einen Großteil der Arbeiten erledigen die heute rund 2.500 Mitglieder immer noch in Eigenleistung. Im Gegenzug für ihren Beitrag dürfen die Mitglieder morgens und abends länger schwimmen. Axel Griesbaum, Vorsitzender des Trägervereins, gibt sich zwar bescheiden, sorgt im Hintergrund aber dafür, dass alles läuft und sich immer genügend Helfer finden. Stolz sind die Sachsenheimer, dass bis heute kein Vandalismus im Bad stattgefunden hat. Für das Freibad stehen alle gemeinsam ein. Bis heute.
Vielfältige Möglichkeiten
Ein kommunales Freibad muss nicht im Stich gelassen werden. Hier listen wir Möglichkeiten auf, die zur Reduzierung des Abmangels beitragen:
- Zweckverband: Oftmals ist es wirtschaftlicher, wenn mehrere Kommunen dieselben Aufgaben gemeinsam angehen. Ein Zweckverband kann wie ein Unternehmen aufgestellt werden, welches für mehrere Städte und Gemeinden einer Region etwa den Bäderbetrieb managt. Der Vorteil: Das Personal kann flexibel eingesetzt werden und Ausfälle so leichter kompensiert werden. Beim Einkauf von größeren Mengen kann gespart werden. Und die Bürger profitieren von der Eintrittskarte in gleich mehrere Bäder.
- Förderverein: Ein Verein aus Bürgern, denen das Bad am Herzen liegt, kümmert sich um die Beschaffung zusätzlicher finanzieller Mittel aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden oder durch Werbepartnerschaften. Mittel kann der Verein durch Veranstaltungen erwirtschaften. Oder er übernimmt gar die Finanzierung eines einzelnen Projektes (z.B. der Sanierung eines Spielplatzes) komplett.
- Trägerverein: Wird der Betrieb eines Bades komplett an einen Verein ausgegliedert, so können Ehrenamtliche im Betrieb des Bades eingesetzt werden. Wie in Sachsenheim übernehmen die Aktiven im Verein Teile der Sanierungsarbeiten und treiben Spenden ein. Bei der Finanzierung durch Dritte hat der Verein weitreichendere Möglichkeiten als die Kommune.
- Crowdfunding: Steht ein konkretes Projekt an (z.B. die Sanierung eines Kinderbeckens), kann die Kommune versuchen, Spenden von Bürgern und Freibadbesuchern einzuwerben. Zu diesem Zweck gibt es im Netz zahlreiche Plattformen. Herausfordernd ist die Werbung für den Spendenaufruf vor Ort. In Summe können viele kleine Spenden zu einem großen Topf führen und dem Bad so ordentlich unter die Arme greifen.
- Kooperationen: Um mehr Besucher ins Bad zu holen oder auch finanzielle Mittel einzuwerben, sind Kooperationen mit anderen Vereinen denkbar. Etwa so: Ein Verein unterstützt das Bad in einer Spenden- oder Arbeitsaktion. Im Gegenzug bekommen die Vereinsmitglieder einen vergünstigten Eintritt oder einen anderen Vorteil beim Besuch des Bades.