Lehrstunde zum Thema Nahwärme
Parallel zum Feierabendmarkt hatte das BMU am vergangenen Donnerstagabend (05. Juni) zu einem fachlichen Austausch eingeladen. Verwaltungsprofis aus Ilsfeld und Tamm berichteten von ihren Erfahrungen beim Ausbau der Nahwärmenetze. Was kann Besigheim davon lernen?
In den kommenden Jahrzehnten werden nach und nach alle Immobilienbesitzer ihre Heizungen von Öl und Gas auf erneuerbare Energien umrüsten. Viele können sich eine Sanierung samt neuer Wärmepumpe allerdings nicht leisten. Wo es räumlich eng ist – etwa in der Altstadt – sind die Häuslebesitzer auf eine zentrale Wärmequelle angewiesen. Aus diesem Grund planen derzeit viele Städte und Gemeinden sogenannte Wärmenetze. Das Prinzip ist einfach erklärt: Eine große Heizung am Rand des Wohngebiets versorgt über eine Warmwasserleitung alle Häuser mit Wärme. So muss niemand im Winter kalte Füße haben. Technisch ist das Ganze allerdings anspruchsvoll. Steht das Wärmenetz erstmal, muss es schließlich immer zuverlässig und preiswert im Betrieb sein. Denn nur dann machen die Bürger auch mit.
In Besigheim stecken die Planungen noch in den Kinderschuhen. Aus diesem Grund waren Vertreter aus Verwaltung und Gemeinderat froh um den ehrlichen Impuls. Sachgebietsleiterin Marlene Luft und Bürgermeister Bernd Bordon kamen 2022 ins Amt, da galt die Gemeinde Ilsfeld im Kreis Heilbronn bereits landesweit als Nahwärme-Vorreiter. Das Projekt mit einer Netzlänge von über 26 km war bereits weit fortgeschritten. Im Zuge der Gaskrise in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine kam die Gemeinde jedoch zunehmend in Kritik. Denn die Preise für die Verbraucher mussten verdreifacht werden. Im Nachhinein sei es ein Fehler gewesen, dass die Nahwärme ins Ilsfeld zu stark vom Energieträger Gas abhängig ist. Preisschwankungen konnten durch den kommunalen Eigenbetrieb nicht aufgefangen werden.
Dennoch ist man heute in Ilsfeld überzeugt: Nahwärme macht Sinn. Vor allem ökologisch, da große Heizanlagen effizient betrieben werden können. Wenn man heute nochmals in die Thematik einsteigen würde, müsse ein stärkerer Fokus auf die Betriebswirtschaft gelegt werden. Zu lange Leitungen bei vergleichsweise wenigen Anschlüssen sind zu vermeiden. Die Kalkulation muss sauber sein. Im Zweifel sei ein Bauabschnitt auch mal hintenanzustellen, um nicht die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojekts zu gefährden.
Dem pflichtet auch Edda Bühler, Geschäftsführerin der Stadtwerke Tamm bei. Gemeinderat und Verwaltung in Tamm sind sich einig, dass die Nahwärme Zukunft hat. Dabei setzt sich die Kommune ambitionierte Ziele. Ausschlaggebend war ein Totalausfall der Heizungen in Rathaus und Schule. Zu dem Zeitpunkt musste gehandelt werden. Gemeinsam mit der Ludwigsburger Energieagentur LEA hat man ein Konzept erarbeitet, wie nahezu der gesamte Ort per Nahwärme versorgt werden kann. Stück für Stück werden nun die Bauabschnitte umgesetzt. Energieversorgung sei dabei kein Selbstzweck. Sie müsse wirtschaftlich sein für die Bürger und für die Stadtkasse. Bühler vergleicht den Ausbau des Nahwärmenetzes mit dem Bau der Kanalisation, denn auch dies sei ein Generationenprojekt gewesen. Am Ende geht es nicht nur um das „wie man macht´s“, sondern auch um die Frage, für „wen man macht´s“. Der Bürger steht im Mittelpunkt und soll profitieren.
Die Stadt Besigheim hat noch viel Arbeit vor sich. Nachdem die kommunale Wärmeplanungen Aufschluss darüber gibt, in welchen Stadtteilen die Planungen von Wärmenetzen denkbar ist, wäre eine konkrete Machbarkeitsstudie der nächste Schritt. Bereits jetzt ist klar, dass eine zentrale Energieversorgung nicht für alle Stadtteile in Betracht kommt. Um sich guten Rat einzuholen, kann unsere Verwaltung auf die Kollegen in der Nachbarschaft zählen. Der Austausch hat gezeigt, dass sich die Kommunen gegenseitig unterstützen. Der Einstieg in ein Großprojekt wie ein Nahwärmenetz braucht Mut und Knowhow. Doch wenn das Konzept stimmt, dann rechnet sich die Nahwärme am Ende für alle.